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Gedanken und Erinnerungen zum Tod von Prof. Franz Priemetzhofer

Sommer am Balkon

„Sitze nun seit Wochen ziemlich allein am Balkon. Rauche täglich meine Pfeife, dauert so an die zwei Stunden … Da lasse ich meinen Gedanken reichlich ihren Lauf. Gedanken in Freilaufhaltung. Nichts als eben so dasitzen, dem blauen Rauch nachblicken, wie er sich verliert in der Wärme des aufziehenden Spätherbstes.“

Das sind ein paar Zeilen aus einem kleinen Heftchen, das Franz Priemetzhofer über den Sommer 1997 verfasst und mir geschenkt hat. Der Riss einer Achillessehne beim Schulschlussfest hatte ihm einen Strich durch seine vielen Sommerpläne gemacht. Und einfach so Dasitzen war seine Sache nicht. Auch im scheinbaren Nichtstun förderten Beobachtung und Kreativität unentwegt Bemerkenswertes zutage.

Der Lehrer

Die trockenen Eckdaten eines Lehrerlebens sind rasch aufgezählt: Franz Priemetzhofer, geboren 1951, wuchs in Weitersfelden auf und maturierte 1970 am Gymnasium Freistadt. Er studierte 1971 – 1976 an der Uni Wien „Naturgeschichte“ mit Nebenfach Chemie für das Lehramt an Höheren Schulen. Im Herbst 1976 kehrte er als Lehrer an „seine“ Schule zurück und unterrichtete dort bis zu seiner Pensionierung im Sommer 2012.

Zur Beschreibung seiner Lehrerpersönlichkeit möchte ich auf ein Erlebnis zurückgreifen, das ich mit ihm Ende der 1980er-Jahre auf einer Tiroler Berghütte hatte. Zwei, drei Jahre zuvor hatte ich ihn auf eine geführte Bergwoche in die Stubaier Alpen mitgenommen, für Franz‘ Liebe zu den Bergen eine Initialzündung: In kürzester Zeit hatte er dutzende Gipfel bezwungen, Kletterkurse besucht und meine laienhaften Erfahrungen weit hinter sich gelassen. Nun waren wir wieder Teilnehmer einer Gruppe von etwa zwanzig Leuten und saßen um den Hüttentisch herum. Irgendwie kam das Gespräch auf geologische Fragen, und Franz begann, über die Entstehung der Alpen zu reden. Über Auffaltungen, das Tauernfenster, die Periadriatische Naht und was weiß ich noch alles. Die Gespräche auch auf anderen Tischen verstummten, und der Kreis um Franz wurde immer größer. Er redete mit Händen und Füßen, machte Skizzen auf Bierdeckel, als ob es nichts Spannenderes gäbe als die Steine. Und alle glaubten es. Eine pädagogische Sternstunde.

Freilich kommt so etwas im Alltag eines „Nebenfachlehrers“ selten vor. Aber dass da vorne einer steht, der von seiner Sache begeistert ist, das merkten alle seine Schüler. Und nicht wenige unter ihnen ließen sich, bis hinein in die Studien- und Berufswahl, von ihm begeistern.

Der Wissenschaftler

Wenn er sich einer Sache annahm, dann mit ganzer Leidenschaft. Das galt auch in seiner Freizeit, wobei dieser Begriff für Franz nicht recht zu passen scheint. Denn immer wieder suchte und fand er neben seiner Lehrtätigkeit Fragestellungen, zu denen er auf wissenschaftlichem Niveau forschen konnte, und zwar so lange, bis seine Studien Eingang in bedeutende wissenschaftliche Werke fanden.

Besonders am Herzen lagen ihm in den letzten aktiven Jahren die Flechten, auch ein Gebiet, bei dem man sich als Laie zunächst nicht recht vorstellen kann, was daran so besonders interessant sein könnte. Franz konnte einen schnell vom Gegenteil überzeugen.

Der Privatmensch

Und dann gab es noch den liebevollen Ehemann, den lustigen und stolzen Vater zweier Töchter, den guten Freund, den engagierten politischen Kopf, den musizierenden, Gedichte schreibenden, filmenden, zeichnenden Tausendsassa, der seine Zeit mit Leben vollgepackt hat, so als hätte er geahnt, dass ihm eine heimtückische neurologische Krankheit allzu früh das Bewusstsein rauben würde.

Nicht vergessen möchte ich auf seinen schrägen, ein wenig anarchischen Humor (worin sich seine Geistesverwandtschaft mit dem von ihm verehrten Zeichner Paul Flora zeigt!), der die Menschheit mit Wissenschaftssatiren über den „Alpinen Windschatten“ und die „Transalpine Pferdeeisenbahn“ bereichert hat, um nur zwei besonders originelle Beispiele zu nennen.

Der Dichter und Spurensucher

Franz Priemetzhofer war sich der Grenzen des Wissbaren und Verfügbaren bewusst. Seine Sicht von Welt und Natur blieb offen für Geheimnisse, die mit Faktenwissen nicht einzuholen sind, für poetische und spirituelle Erfahrungen, denen er ein Leben lang nachgegangen ist. Im Jahr 2002 veröffentlichte er unter dem Titel „sommerherz“ Gedichte, die auf seinen vielen Bergtouren entstanden sind. In „ewige suche“ heißt es:

menschen gesucht und zutrauen gefunden

in vielen gebirgen allein und im tal

ich erkenne in leere in größe und weite

ewige stille – gott

Ernst Aigner

Die Schulgemeinschaft des BG/BRG Freistadt nimmt Abschied vom Lehrer und Kollegen Prof. Franz Priemetzhofer. Unser besonderes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Töchtern und allen, die ihm nahegestanden sind.

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